The Making Of -
GIVING GROUND und OZYMANDIAS OF EGYPT
(*English version below)
Künstler: Syria.
Album-Titel: Giving Ground resp. Ozymandias Of Egypt.
Formate: Maxi-CD / Album-CD.
Aufgenommen von Dezember 1993 bis Mai 1994.
Tonstudios: Sonic-Delirium-Studio, Basel (Schweiz)/Luigi's Apartment, Prag (Tschechische Republik).
Besetzung: Christian Dörge (vocals, piano, synthesizers, programming), Cat Nemeth (vocals), Ulrich Kaon (cello, programming), Andy Hägler (guitars), Patrick Sayer (programming),
Kevin Lancashire (add. programming) Anne Nurmi (spoken words),
Marketa Riskova (spoken words).
Produziert von: Christian Dörge.
Toningenieure: Patrick Sayer, Kevin Lancashire.
Abgemischt von: Christian Dörge.
Veröffentlicht: Januar 1995 / März 1995..
Plattenfirma: Derrière-Records/Black October-Records/SPV.
Tracks - GIVING GROUND:
1. Giving Ground
2. Structure (Extended Remix)
3. Saxophone, Telescope And The Pilot's Death (Luigi's Apartment-Mix)
Tracks - OZYMANDIAS OF EGYPT:
1. Ozymandias
2. Egypt (Instrumental)
3. Giving Ground
4. Medusa Of Van Gogh/To His Genius
5. Pray
6. Your Waterland
7. Saxophone, Telescope And The Pilot's Death (Album-Version)
8. Structure (Album-Version)
9. Visions Of The Sea (Architecture-&-Music-Mix)
10. Syria (The Sea Was Full Of Artificial Things)
11. Wake The Kings
12. Fragments
Nach dem Ärger im Lycia-Kontext hatte ich keine allzu großen Ambitionen mehr, ein weiteres literaturvertonendes Album aufzunehmen. Also verbrachte ich den Sommer und Herbst des Jahres 1993 damit, Lycia ein wenig zu promoten, die Bücher Gift und Lichter von Paris zu veröffentlichen und zwei Lesereisen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz zu unternehmen – alles in allem 62 Lesungen. Ende September begab ich mich in eine Art selbstgewähltes Exil und begann ernsthaft darüber nachzudenken, wie (und ob überhaupt) es mit mir als Musiker weitergehen sollte.
Natürlich verlangte die Plattenfirma ein Album im Stil von Lycia, aber es gab nichts, was mich dazu hätte veranlassen können, diesem Wunsch zu entsprechen. Mir stand der Sinn nach Veränderung, nach etwas, das sich möglichst konsequent von meiner Arbeit als Lyriker und Dramatiker unterscheiden sollte. Schließlich kam ich mit mir selbst überein, mich musikalisch in eine rockigere Richtung zu bewegen – und für diese neuen Songs englischsprachige Texte zu verfassen.
Die grundsätzliche Idee war, ein Album aufzunehmen, das strukturierte Songs mit experimentellen Stücken kombinieren sollte – und eine breite Palette von Sounds zu verwenden, um weite, große musikalische Landschaften zu erschaffen. Ich ging mit erheblicher Motivation (und Inspiration) an die Arbeit, irgendwo in einem Haus tief in den deutschen Wäldern (für Komplettisten: im Norden von Hessen), und verbrachte fast drei Monate mit dem Schreiben von Songs und mit dem Aufnehmen rudimentärer Demos (als 'Werkzeuge' dienten mir: ein Roland-MT-120-Sequencer und ein Fostex-X-18-4track-Recorder): Bis Ende November hatte ich ca. zwanzig Songs beisammen und ziemlich grobe (aber lustige) Demo-Versionen von Killer, This Is Vengeance, Friends und Your Waterland (letzteres deutlich inspiriert von Graham Swifts Roman Waterland) aufgenommen. Der Ausgangspunkt des gesamten Albums wurde der Song Ozymandias, die Vertonung eines Sonetts von P. B. Shelley.
Für den nächsten Schritt bedurfte es... einer richtigen Band. Auftritt Ulrich Kaon, ein langjähriger Freund von mir: Ich lud ihn ein, bei den Songs Structure und Fragments Cello zu spielen und sie mit zusätzlichem Songwriting zu veredeln; beides erledigte er mit der ihm eigenen Bravour. Zwei Toningenieure der Lycia-Sessions – Patrick Sayer und Kevin Lancashire – wurden für das Programmieren der Sequenzer (und für die Synthesizer) hinzugezogen; und ich rekrutierte guitar maestro Andy Hägler, der kurz zuvor die Gitarren auf Tilos (Lacrimosas) Satura-Tour gespielt hatte. Insbesondere zu Andy hatte ich von Beginn an einen außergewöhnlich guten Draht, wir arbeiteten sehr konzentriert und geradezu instinktiv miteinander; das Zusammenwirken mit ihm war ein echtes Privileg (menschlich und künstlerisch), und er hat den Sound der Syria-Alben der 1990er Jahre maßgeblich geprägt.
Komplettiert wurde das Line-up kurzzeitig durch Anne Nurmi als Sängerin, was technisch jedoch bedauerlicherweise nicht funktionierte, so dass sie durch Cat Nemeth (von Blockhead) ersetzt wurde; allerdings hat Anne die Songs Ozymandias, Medusa Of Van Gogh/To His Genius und Giving Ground um einige schöne Spoken-Words-Passagen bereichert. Ich erinnere mich gern daran zurück, wie angenehm es war, Zeit mit ihr im Studio zu verbringen.
Im Dezember 1993 begannen wir im Sonic-Delirium-Studio in Basel/Schweiz mit den Aufnahmen, und es lief – obwohl der Auftakt ein wenig holperig war – ziemlich gut. Nachdem einige Songs zunächst nur etwa zur Hälfte fertiggestellt wurden, konzentrierten wir uns auf den Song Giving Ground, eine Quasi-Cover-Version des Sisterhood-Klassikers: in unserer Version mit teilweise verändertem Text, harten Gitarren-Riffs, mit mehr Piano, 'größeren' Drums und einem recht bombastischen Intro/Outro. Gesanglich teilte ich mir diesen Song mit Cat; kurz nach dem Abmischen des Stücks beschloss ich, Giving Ground als Single zu veröffentlichen – es schien das perfekte Stück für Dörge MK II zu sein.
Erstaunlicherweise hatte die Band zu
diesem Zeitpunkt noch immer keinen Namen... Silver Machine wäre meine erste (weil impulsivste und humorvollste) Wahl gewesen, was die Plattenfirma
jedoch doof fand; leider wurden von deren Seite noch weitaus dämlichere Namen ins Spiel gebracht, und schließlich benannte ich die Band nach einem Song, den ich kürzlich geschrieben hatte:
Syria (The Sea Was Full Of Artificial Things). Auf diesen Namen konnten sich seltsamerweise alle einigen.
Während des Aufnahmeprozesses wurde klar, dass wir mit dem Album auf Tournee gehen wollten – so gingen Aufnahmen und Proben gewissermaßen Hand in Hand. Im März 1994 reisten wir nach Prag, um die Album-Version von Saxophone, Telescope And The Pilot's Death aufzunehmen, ein Song, der hauptsächlich auf akustischen Instrumenten wie Santur, Tabla und Saxophon basiert. Diese Session war ziemlich abenteuerlich, und ich benötigte zwei nicht enden wollende Tage (und Nächte), um dieses immens komplexe Stück abzumischen. Später nahmen wir einen ersten Dancefloor-Klon dieses Songs auf, der als B-Seite auf der Single Giving Ground erscheinen sollte.
Zurück in Basel stellten wir das Album fertig – der letzte Song, den wir aufnahmen, war das Proto-Gothic-Metal-Stück Wake The Kings, textlich mehr oder weniger eine Metal-Parodie, aber nur wenige verstanden den Witz. Zu meinem Erstaunen wurde dieser Song ein echter Syria-Klassiker, und wir spielen ihn bis heute auf nahezu jedem Konzert.
Im Mai 1994 präsentierte ich das Masterband der Plattenfirma (in meinem Büro in Burgwald/Deutschland), und Tilo und Anne mochten das Album wirklich sehr. Abgesehen davon war das Verhältnis zu Tilo nicht mehr sonderlich gut... Etwa zeitgleich – unmittelbar nach dem Syria- Debütkonzert in Basel (wir spielten Songs vom Album Ozymandias Of Egypt und von dem bereits im Entstehen begriffenen zweiten Album) – zerbrach die Band in zwei Fraktionen: Andy, Patrick und ich auf der einen Seite und Cat, Uli und Kevin auf der anderen Seite.
Eine denkbar unerfreuliche Situation.
Vernünftigerweise verließ ich Hall Of Sermon im Juni 1994 und bat Cat, Uli und Kevin, die Band zu verlassen. Andy und Patrick waren weiterhin mit an Bord, und ich suchte (ohne allzu große Eile...) nach einer neuen Plattenfirma... Den Sommer und Herbst 1994 verbrachte ich folglich mit Vertrags-Verhandlungen, 'wahnsinnig wichtigen' Meetings und mit der Lektüre von in Teilen wirklich absurd-lustigen Verträgen. Im November 1994 unterschrieb ich bei Derrière-Records/Session Music und schloss einen neuen Vertriebsvertrag mit SPV ab – aber ich unterschrieb als Firma (ich hatte hierfür eigens mein Label Black October-Records ins Leben gerufen) und nicht als Künstler, was sich als großer Vorteil erweisen sollte.
Es folgten einige Auseinandersetzungen mit Hall Of Sermon, das bittere Ende einer langen Freundschaft – und schließlich die Veröffentlichung von Giving Ground (als Maxi-CD) und Ozymandias Of Egypt (Album-CD) im Januar resp. März 1995. Entgegen den ursprünglichen Plänen gingen wir mit dem Album nicht auf Tour – weil Syria als komplette Band einstweilen nicht mehr existierte, und es bedurfte zweifellos einer funktionierenden Band, um den Sound des Albums adäquat auf die Bühne zu bringen. Andy, Patrick und ich setzten jedoch die Aufnahmen für ein zweites Album unverdrossen fort...
Rückblickend ist Ozymandias Of Egypt in der Tat ein düsteres Rock-Album mit Elementen orientalischer (Welt-)Musik und mit dem einen oder anderen Pop-Song, aber es ist gewiss kein Gothic-Album. Insbesondere war es nicht das Album, welches sich die Plattenfirma und das Lycia-Publikum gewünscht hätten; Ozymandias Of Egypt war ein Wagnis, künstlerisch ebenso wie geschäftlich, aber dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – wurden Single und Album weltweit ein riesiger Erfolg, bei Kritikern und beim Publikum gleichermaßen; tatsächlich ist Ozymandias Of Egypt eines meiner erfolgreichsten Alben der 1990er Jahre (bedeutend erfolgreicher als beispielsweise Lycia, was ich mit erheblicher Genugtuung zur Kenntnis nahm). Es war ein kompletter Neustart meiner musikalischen Karriere, und ich habe sehr hart für diesen Neustart gearbeitet.
Christian Dörge,
München/Deutschland, August 2024
The Making Of -
GIVING GROUND and
OZYMANDIAS OF EGYPT
Artist: Syria.
Title: Giving Ground resp. Ozymandias Of Egypt.
Formats: Maxi-CD / Album CD.
Recorded from December 1993 to May 1994.
Recording studios: Sonic Delirium Studio, Basel (Switzerland)/
Luigi's Apartment, Prague (Czech Republic).
Line-up: Christian Dörge (vocals, piano, synthesizers, programming), Cat Nemeth (vocals),
Ulrich Kaon (cello, programming), Andy Hägler (guitars), Patrick Sayer (programming),
Kevin Lancashire (add. programming) Anne Nurmi (spoken words),
Marketa Riskova (spoken words).
Produced by: Christian Dörge.
Sound engineers: Patrick Sayer, Kevin Lancashire.
Mixed by: Christian Dörge.
Released: January 1995 / March 1995..
Record label: Derrière-Records/Black October-Records/SPV.
Tracks - GIVING GROUND:
1. Giving Ground
2. Structure (Extended Remix)
3. Saxophone, Telescope And The Pilot's Death (Luigi's Apartment-Mix)
Tracks - OZYMANDIAS OF EGYPT:
1. Ozymandias
2. Egypt (Instrumental)
3. Giving Ground
4. Medusa Of Van Gogh/To His Genius
5. Pray
6. Your Waterland
7. Saxophone, Telescope And The Pilot's Death (Album-Version)
8. Structure (Album-Version)
9. Visions Of The Sea (Architecture-&-Music-Mix)
10. Syria (The Sea Was Full Of Artificial Things)
11. Wake The Kings
12. Fragments
Following the trouble with Lycia, I no longer had any great ambitions to record another literary album. So I spent the summer and autumn of 1993 promoting Lycia a little, publishing the books Gift and Lichter von Paris and doing two tours of readings through Germany, Austria and Switzerland - all in all more than 62 readings. At the end of September, I went into a kind of 'self-imposed exile' and began to think seriously about how (and if at all) I should continue as a musician.
Of course, the record company demanded an album in the style of Lycia, but there was nothing that could have prompted me to fulfil this wish. I was looking for a change, for something that would be as different as possible from my work as a lyricist/poet and dramatist. Eventually I agreed with myself to move in a more rock direction musically - and to write English lyrics for these new songs.
The basic idea was to record an album that would combine structured songs with experimental pieces - using a wide range of sounds to create vast, big musical landscapes. I went to work with considerable motivation (and inspiration), somewhere in a house deep in the German woods (for completists: in the north of Hessen), and spent almost three months writing songs and recording rudimentary demos (my 'tools' were: a Roland MT-120 sequencer and a Fostex X-18 4track recorder): By the end of November I'd got about twenty songs together and recorded fairly rough (but funny) demo versions of Killer, This Is Vengeance, Friends and Your Waterland (the latter clearly inspired by Graham Swift's novel Waterland). The starting point for the whole album became the song Ozymandias, the musical setting of a sonnet written by P. B. Shelley.
The next step required... a real band. I invited Ulrich Kaon, a long-time friend of mine, to play cello on the songs Structure and Fragments and to enhance them with additional songwriting; he did both with his usual bravura. Two sound engineers from the Lycia sessions - Patrick Sayer and Kevin Lancashire - were brought in to programme the sequencers (and synthesizers), and I recruited guitar maestro Andy Hägler, who had recently played guitars on Tilo's (Lacrimosa's) Satura tour. I had an exceptionally good connection with Andy in particular right from the start, we worked together in a much focussed and almost instinctive way; working with him was a real privilege (both personally and artistically), and he was very important and characterising for the sound of the Syria's 1990s albums.
The line-up was briefly completed by Anne Nurmi on vocals, but unfortunately this didn't work out technically, so she was replaced by Cat Nemeth (from Blockhead); however, Anne did add some beautiful spoken word passages to Ozymandias, Medusa Of Van Gogh/To His Genius and Giving Ground. I have fond memories of how enjoyable it was to spend time with her in the studio.
In December 1993 we started recording at the Sonic Delirium studio in Basel/Switzerland, and although the start was a bit bumpy, it went pretty well. After some tunes were only about half finished at first, we concentrated on the song Giving Ground, a quasi-cover version of the Sisterhood classic: in our version with partially changed lyrics, hard guitar riffs, more piano, 'bigger' drums and a rather bombastic intro/outro. Vocally, I shared this song with Cat; shortly after mixing the track, I decided to release Giving Ground as a single - it seemed like the perfect track for Dörge MK II.
Amazingly, the band still didn't have a name at that point... Silver Machine would have been my first (most impulsive and humorous) choice, but the record company thought that was stupid; unfortunately they came up with even more stupid names, and in the end I named the band after a song I had recently written: Syria (The Sea Was Full Of Artificial Things). Strangely enough, everyone could agree on this name.
During the recording process it became clear that we wanted to tour with the album - so recording and rehearsing went hand in hand, so to speak. In March 1994 we travelled to Prague to record the album version of Saxophone, Telescope And The Pilot's Death, a song based mainly on acoustic instruments such as santoor, tabla and saxophone. This session was quite adventurous and it took me two never-ending days (and nights) to mix this immensely complex piece. Later we recorded a first dancefloor clone of this song, which was to appear as the B-side on the single Giving Ground.
Back in Basel we finished the album - the last song we recorded was the proto-gothic metal track Wake The Kings, lyrically more or less a metal parody, but few got the joke. To my amazement, this song became a real Syria classic, and we still play it at almost every concert.
In May 1994, I presented the master tape to the record company (in my office in Burgwald/Germany), and Tilo and Anne really liked the album. Apart from that, the relationship with Tilo was no longer particularly good... Around the same time - immediately after the Syria debut concert in Basel (we played songs from Ozymandias Of Egypt and from the second album, which was already in the making) - the band split into two factions: Andy, Patrick and I on one side and Cat, Uli and Kevin on the other.
A very unpleasant situation.
I sensibly left Hall Of Sermon in June 1994 and asked Cat, Uli and Kevin to leave the band. Andy and Patrick were still aboard, and I looked (without too much haste...) for a new record company... So I spent the summer and autumn of 1994 negotiating contracts, attending 'insanely important' meetings and reading some really absurdly funny contracts. In November 1994 I was signed to Derrière-Records/Session Music and signed a new distribution contract with SPV - but I signed as a company (I had set up my own label Black October-Records for this purpose) and not as an artist, which turned out to be a great advantage.
This was followed by some arguments with Hall Of Sermon, the bitter end of a long friendship - and finally the release of Giving Ground (as a maxi CD) and Ozymandias Of Egypt (album CD) in January and March 1995 respectively. Contrary to the original plans, we didn't go on tour with the album - because Syria as a complete band no longer existed at that time, and it undoubtedly needed a functioning band to adequately bring the sound of the album to the stage. However, Andy, Patrick and I continued to record a second album undeterred...
Looking back, Ozymandias Of Egypt is indeed a dark rock album with elements of oriental (world) music and one or two pop songs, but it's certainly not a gothic album. In particular, it was not the album that the record company and the Lycia audience would have wanted; Ozymandias Of Egypt was a gamble, both artistically and commercially, but despite this - or perhaps because of it - the single and album became a huge success worldwide, with critics and audiences alike; in fact, Ozymandias Of Egypt is one of my most successful albums of the 1990s (significantly more successful than Lycia, for example, which I noted with considerable satisfaction). It was a complete restart of my musical career, and I worked very hard for this restart.
Christian Dörge,
Munich/Germany, August 2024